Samstag, 24. März 2012

Das Wandern ist des Müllers Lust...

Wir vermissen: Michèle's Flipflops, die nach einem erfüllten Leben von uns gegangen sind

Mt Coolum

Weil heute kein Lüftchen aufkommt, bleibt es uns vergönnt, die Kites nochmal in Maroochydore auszufliegen. Stattdessen besteigen wir den Mt Coolum. Ein Schild warnt: NUR FÜR ERFAHRENE WANDERER! RECHNEN SIE MIT 2 STUNDEN GEHZEIT. Nun, wir sind innert einer Stunde zurück. Zwar verschwitzt, aber das liegt eher am Wetter als am Kuhhügel. Kein Lüftchen halt.



Sandgate

Sandgate heisst nicht umsonst so. Wäre ich beim Kiten nicht viermal mit den Finnen im Sand stecken geblieben, dann hätte es mir am Heimspot der Brisbaner sogar sehr gut gefallen. Immerhin gibt es genug zu gucken: Ein Elfjähriger kitet bald wie ein Pro, obwohl er erst vor drei Monaten mit diesem Sport angefangen hat. Wofür ein Europäer zwei Jahre braucht, das sitzt bei Australiern schon nach drei Monaten. Kiten ist zwar auch hier vergleichsweise mit Wellenreiten, Joggen oder Footy (einer Mischung aus Rugby und Football) eine Randsportart. Aber es hat eben jeder Australier einen Spot vor der Haustüre.




Springbrook National Park

Schon bei der 17%-steilen Anfahrt haben wir Glück. Wir sehen die ersten (lebenden) Beuteltiere. Die Wallabies hüpfen vor unserem Auto über die nasse Strasse.

Auf dem Kraterrand eines ehemaligen Vulkans thront der Best Of All Lookouts. Das ist für einmal keine meiner Supelative, so heisst der Aussichtspunkt tatsächlich. Glücklicherweise tut der Himmel kurz auf, sodass wir fast bis zur Küste sehen. Der Weg zurück führt ein paar hundert Meter durch einen Regenwald wie er im Bilderbuch steht. Die ältesten Bäume sind fast zweitausend Jahre alt.



Das Mittagessen mampfen wir mit Blick auf einen Wasserfall. Weil der Rundweg von Erdrutschen zugeschüttet ist, fahren wir ein Stück weiter, zu den Twin Falls. Eine geniale Erfahrung, über, neben, hinter und unter den beiden Wasserfällen durchzuwandern. So haben wir das beide noch nie erlebt. Wegen Dauerregen – der Regenwald macht seinem Namen alle Ehre - haben wir die Kamera im Auto gelassen. Sonst hätten wir euch dies und auch einen fetten bunten Flusskrebs zeigen können.




Byron Bay

Ein Touriort, wie ich ihn mir für Australien ausgemalt habe. Nebst Gourmet-Fish&Chips, Hippies, stylischen Cafés, Surfshops und Sandskulpturen, findet man hier die perfekte Welle...

Bei Sturm erreichen wir ein wenig hinter dem Leuchtturm von Byron den östlichsten Punkt Australiens und damit den östlichsten Punkt unseres bisherigen Lebens. Beweisfoto anbei. Leider haben wir keines von den springenden Delphinen zu bieten, denen das Hundswetter nichts auszumachen scheint.





Yamba

Als wir den Kitespot von Yamba entdecken, packen die Locals gerade zusammen. Wir stellen fest, dass wir zum zweiten Mal auf unserer Reise eine Zeitverschiebung verpasst haben. Falls ich jemals für eine Uhrenfirma werben darf, stelle ich an allen „Zeit“-Grenzen grosse Uhren auf: „Die neue Zeit wird Ihnen präsentiert von...“. Vom Staate Queensland nach New South Wales kommend wird jedenfalls eine Stunde vorgestellt. Zum Glück haben wir keine Termine, die wir verpassen könnten. Abgesehen vom Sonnenuntergang. Und bis dahin bleibt noch ein Stündchen Zeit zum Wellenabreiten.

Morgens pünktlich um 8 Uhr klopft die Behörde an Britzlis Fenster. Ob wir denn das „NO CAMPING“-Schild nicht gesehen hätten? Honestly, wir haben es gesehen und trotz Sprachbarriere auch verstanden. Der Officer schlägt uns einen Spaziergang am Strand und eine Busse vor, die wir allerdings nur zu bezahlen haben, wenn wir uns am nächsten Morgen erneut erwischen lassen. Statt am Strand gehen wir auf dem Wasser spazieren.


Red Rock

Heute ist der Tag der Kängurus. Schon auf dem Cricketfeld von Yamba sehen wir die Allerersten und fünf Meilen weiter bereits das Nächste. Weil es wie eine defekte Dusche andauernd vom Himmel tropft, beschliessen wir weiterzufahren. Gegen Abend tut der Himmel auf und wir kurven nach Red Rock. Dieses Fleckchen Erde ist ein Traum. Der Spaziergang über den roten Fels wird mit grandiosem Blick über die Lagune belohnt.



Bei Sonnenuntergang lassen wir uns noch Tipps von ein paar Fischern geben. Wir trauen uns aber nicht, vor dem „NO CAMPING“-Schild stehen zu bleiben und fahren zurück zur Raststätte. Hier posieren die Kängis für Pierres Kamera.
 



Racecourse Head

Der Tag ist mal wieder ins Wasser gefallen. Grau dümpelt das Wetter vor sich hin. Und wieder finden wir keinen kostenlosen Campingplatz. Zumindest bis das Wetter besser wird und wir uns mit Britzli offroad trauen. In einem der unzähligen Nationalparks leuchtet uns ein Schild mit einem Zelt entgegen. Ausser einem jungen Landstreicher sind wir weit und breit die einzigen auf dem uneingezäunten Platz hinter der Düne.

Wir fragen uns, wie die Milchstrasse im Verhältnis zur Erdachse liegt? Ob man ein Feuer am Strand als „bone fire“ bezeichnet, weil das Schwemmholz wie Knochen aussieht? Mit welchem Tier der Bär am nächsten verwandt ist? Ob der Koala tatsächlich ein Bär ist? Ob der Shiraz nach Birne schmeckt? Und was das für ein Tier ist, das da kreischt? Antworten nehmen wir gerne per e-Mail entgegen.

Schon vor dem Frühstück gehen wir eine runde mit Lucky, unserem Bodyboard, baden. Danach ein bisschen am Strand spazieren.

Port Macquire & North Haven

Doch heute ist ein schwerer Tag für mich. Ich kann einfach keine Strände mehr sehen. Immer dieses Weiss und Blau. Als Alternativprogramm besuchen wir eine Führung im Koalaspital. Das einzige Koalaspital der Welt kümmert sich um verletzte und verwaiste Tiere und setzt sie wieder aus, wenn sie stark genug sind. Jööö, sind diesse Tierchen süss, auch wenn sie mehr Haare in den Ohren haben als dein Grossvater. Später kaufe ich mir weisse und blaue Farbe. Wir verewigen uns auf einem Stein in North Haven. Okay, ich geb's zu, North Haven müsste eigentlich North Heaven heissen. Trotz Strand.




Old Bar & Black Head

Den Kitespot mit dem - so hört man reden - flachsten Wasser von ganz Australien finden wir in der Pampa hinter Old Bar. Da der Wind keinen einzigen Knoten zu Stande bringt, ist die Wasseroberfläche glatt wie Öl.


Wir werden nie das Gegenteil behaupten können, denn nach einem ausgedehnten Cappuccino in der vom Kite-Instruktor geführten Espressobar ziehen wir weiter. Dort konnte ich das Netbückli aufladen, damit ich hier und jetzt am Strand von Black Head sitzend davon berichten kann. Mal schauen, ob der „South Westerly“ morgen für eine Kite-Session reicht. Wild campen ist hier jedenfalls erlaubt.



Nun, der Wind würde reichen, doch er kommt aus der falschen Richtung. Aber der Back Beach von Black Head bekommt von uns trotzdem den Award für den schönsten Schlaf- und vor allen Dingen Aufwachplatz.



Samstag, 17. März 2012

Lustig ist das Zigeunerleben...

Wir vermissen: Nescafe Rich & Strong, den es auf den Philippinen an jeder Ecke für 6 Pesos gab

Brisbane

Wir bedanken uns bei meinen ehemaligen Arbeitskollegen für die zwei Nächte in einem schicken Hotel mit Blick über Brisbanes Innenstadt. Diese Stadt ist echt sehens- und lebenswert. Das subtropische Klima und die vielen Grünflächen, die Architektur, die stylischen Restaurants, die Läden... Unser Problem: die Preise hauen uns fast um. Dagegen ist die Schweiz ja ein Tiefpreisland! Ein Taschenbuch? 25$! Ein Apfel? 1,50$! Ein Tag parken? 25$! Wir merken aber bald, dass wir hier anders rechnen müssen, denn die Museen, die Strandbadi und die Fahrräder sind gratis.





Britzli

Schon mehr als eine Woche sind wir mit unserem Britz-Toyota-Hitop-Bus unterwegs. Britzli ist für 33 Tage unser Zuhause. Ausgestattet ist es mit vier Rädern, MP3-Player, fliessend Wasser, zwei Gasplatten, einem Kühlschrank und einer Lounge-Ecke, die sich in nullkommanichts zu einem ordentlichen Bett umbauen lässt. Für unseren ersten Supermarktbesuch brauchen geschlagene drei Stunden und sind danach so hungrig, dass wir uns noch auf dem Parkplatz zum ersten Mal bekochen.

Wir bedanken uns beim australischen Steuerzahler, dass man hier einfach so anhalten und loswohnen kann. Das City Council putzt die Parks. Diese umfassen nicht nur die übliche Grünfläche, sondern auch gratis Parkplätze, Gasgrills, papierbestückte WCs und propere Duschen (...und das, nachdem wir in Asien fünf Monate lang das WC-Papier auch im Hotel selber besorgen mussten!).

Doch nicht nur wir verbringen viel Zeit draussen. Hier ist Spätsommer und wenn wir morgens die blauen Vorhänge zur Seite schieben, sehen wir Leute in Badehosen, die sich vor ihrem Arbeitstag im Surf erfrischen, ihre Hunde am Strand spazieren führen oder joggend einen Kinderwagen vor sich her schieben.

 



Kulminarische Reise

Die kulinarische Kulmination ergibt sich daraus, dass wir zwei bis drei Mahlzeiten am Tag kochen. Spaghetti Pomodoro, Spaghetti Carbonara, Spaghetti al Tonno, Spaghetti Bolognese, Spaghetti Pesto, Steak mit Salat, Risotto mit Spargeln und Schinken, Steak mit Couscous und Avocado-Gurkensalat, Farfalle mit Erbsen und Pouletgeschnetzeltem, Würstchen mit Tabouleh, Goulasch mit Kartoffelstock, Reis-Thonsalat, Pancakes mit Honig, Fotzelschnitten u.A. (alles frisch zubereitet, nur beim Pesto haben wir geschummelt). Dazu ein Glas australischer Rotwein und danach ein Äpfelchen und ein Stücklein Brie. Man sieht wohl, was wir in Asien vermisst haben.

Gold Coast

Surfers Paradise hat nicht's von einem Paradies, eher etwas von Frankfurter Bankenviertel in Kombination mit Grün80 und einer Prise Dreispitzareal. An der Sherwater Street kommen wir zwar schon mal zwei Tage zum Kiten, doch nun zieht es uns von der Gold Coast weg, an die Sunshine Coast.

 



Sunshine Coast

Wir versuchen einen Kiter aus Vietnam zu erreichen, der in der Gegend wohnt und uns mit ein paar Kitespots bekannt machen will. Gar nicht so einfach, wenn das Handy nicht roamt, die neue SIM aktiviert werden muss, dabei der Akku aufgebraucht wird, dann der Adapter nicht funktioniert... Das gute alte Münztelefon macht die Kommunikation möglich und wir kommen dank Dustyn schon am Tag darauf in den Genuss einer gradiosen Session in Maroochydore und eines australischen BBQs. Wir hoffen aber weiterhin, dass wir Kangurus nicht nur als Steak begegnen.

Rainbow Beach & Fraser Island

Hier kauft sich Pierre ein Haustier. Es heisst Lucky, ist himmelblau (wie seine Uhr und seine Shorts) und er zieht es gerne an einer Leine hinterher oder geht mit ihm in die Wellen spielen. Am Inskip Point übernachten gleich zweimal. Weil's so schön ist. Am Tag dazwischen leisten wir uns eine Tour zur Fraser Island. Ein Offroad-Laster rast mit uns über die Pisten der grössten Sandinsel der Welt. Die Düne ist mit dichtem Urwald und vierzig Seen übersäht und der 75 km lange Strand wird da und dort von Creeks unterbrochen, in denen hundert Jahre altes Regenwasser fliesst. Wir sehen Adler und Dingos und das verrostete Wrack eines Schiffes.

 

 


Elliot Heads

Unser Weg wird von Tide und Wind bestimmt und führt uns weiter in den Norden. Wenn ich Maroochydore als grandios beschrieben habe, dann brauch' ich jetzt den Superlativ für Elliot Heads. Der Himmel ist blau, die Sandbank weiss und das Wasser türkis. Die Flussmündung ist gross genug für die 24 lokalen Kiter, von denen am Montagmorgen nur zwei da sind. Kitend wählt man zwischen sauberen Wellen und Flachwasser, fährt mal hier und mal dort hin und der Wind weht genau richtig. Nämlich so, dass wir beide gleichzeitig auf's Wasser gehen können, während unser Britzli derweil im Grünen zwischen Grill und Dusche steht.



Agnes Water

Bei der Anfahrt von Agnes Water sehen wir einen Kite in der Luft schweben. Natürlich steuern wir direkt darauf zu und informieren uns über die örtlichen Gegebenheiten. Eine halbe Stunde später prügeln wir uns mit den Wellen. Die sind aber auch ungeordnet hier. Immerhin bläst der Wind sturmartig und zieht einen so immer wieder aus den Wassermonstern hinaus. Wer findet Pierre?

 

 



Town 1770

Die Nacht verbringen wir auf einem „Park“-Platz in der Bucht von Town 1770, wo Captain Cook damals zum ersten Mal angelegt und einen Vogel verspiesen hat – ihr dürft raten, in welchem jahr das war. Beim Abendessen leisten uns ein Opossum, ein komischer langbeiniger Vogel und zwei Deutsche Gesellschaft.


Sonntag, 4. März 2012

Ode an die philippinische Mango

Die Regel "5 am Tag" gilt bei Philippinos nicht für Früchte- und Gemüse-, eher noch für Fleisch- und Fischportionen. Pampiger ungesalzener Reis begleiten die fettig zubereiteten Protein-Speisen. Gemüse gibt es nicht, und falls doch, wird es in Mayonnaise ertränkt. Mein Dessertverbot habe ich längst abgeschrieben. Denn das können sie hier wirklich: Bibinkas (Pfannkuchen im Bananenblatt), gebratene Cashewnüsse, Doughnuts, Traubeneis mit kandierten Früchten...

Wer so viel singt und tanzt wie die Philippinos, muss sich anscheinend nicht gesund ernähren. Oder liegt es an den ungelogen besten Mangos der Welt? Wir verzehren täglich eine - manchmal auch zwei, drei oder vier - der säuerlichsüssen Früchte, die man übrigens nicht transportieren darf. Um zu verhindern, dass Mangoplagen übertragen oder Arten verunreinigt werden, gibt es sogar Checkpoints. Manch ein Tourist musste seine gelben Schätze schon abgeben. 
Was im Vergleich zu den anderen Ländern auffällt, ist die Freude am Teilen. Chipspackungen, Mandarinchen und Erdnüsse werden herumgereicht. Ob das am katholischen Glauben liegt? Vor dem Anlassen des Motors oder vor dem Essen in der Imbissbude bekreuzigen sich jedenfalls viele. Weder in der Werbung noch in der Auslage der Läden findet man - ungleich den Nachbarländern - Kondome. (Im Widerspruch dazu steht der sehr unkomplizierte Umgang mit Homo- und Transsexualität.)

Der Einfluss der spanischen Kolonialzeit und der amerikanischen Besatzung, zeigt sich aber vor Allem in der Sprache und der Ausbildung. Schon ab der ersten Klasse wird englisch gelehrt und die High School Kids fahren regelmässig zu Wettbewerben, wo sie ihr Können in Geometrie, Geographie oder Basketball unter Beweis stellen sollen. Als Preis gibt es für die Schule ein Zertifikat und für die Schüler Bares. Im Hochphilippinischen sind 20% der Wörter englischen und 15% der Wörter spanischen Ursprungs.

Es macht die Kommunikation mit diesem offenen Inselvolk jedenfalls sehr einfach. Sogar gezählt wird auf englisch oder spanisch! Die Leute heissen typischerweise Jennifer Lopez, Samantha Garcia und Jonnie Gomez und ich habe bestimmt schon zehn Michelles kennen gelernt.

Auf dem Dach und unter dem Berg

Wir waren in: Sabang
Wir sind in: Puerto Princesa
Wir vermissen: einen Ventilator

Die letzte Teilstrecke unserer Fahrt nach Sabang hocken wir auf dem Dach eines Jeepnies (verlängerter Jeep). Mit uns befinden sich unsere Rucksäcke, sieben Männer, Lieferungen für ein paar Läden, ein Huhn, eine Ziege, ein Wellblechdach und eine Rolle Stacheldraht auf dem Dach. Unten fahren duzende Kinder und Frauen mit. Wir hatten keine Wahl, merken aber schon bald, dass wir es nicht besser hätten treffen können. Die Felsen und der Urwald lassen sich im "Cabrio" am besten geniessen. Zum Fotografieren haben wir leider keine Hand frei.

Wir schlafen in einem einfachen, aber wunderschön mit Holz verzierten Bastbungalow und brechen schon um sieben Uhr morgens auf, um eine Höhle zu befahren. Und zwar auf einem Ruderböötlein (Motorschaden ausgeschlossen). Wir entern den Untergrundfluss von der Meeresmündung her und fahren fast eine Stunde lang durch Gänge, Tunnel und Hallen. 65 Meter misst die höchste. Ich halte das Licht, Pierre den Fotoapparat und der Gondoliere kommentiert die Formationen: ein Dinosaurier, Maria, eine Bananenblüte, ein Riesenpilz, eine Qualle, eine nackte Lady und Jesus. Man sieht, was die Leute hier so bewegt...